Repression

Hier findet ihr eine Zusammenfassung der wichtigsten Informationen bezüglich Repression, Strategien und Antirepression. Es gibt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Informier dich auch hier und dort [en] und ebenso bei anderen Quellen. Wenn du zusätzliche oder andere Informationen über die rechtliche Situation hast, schreib uns gerne. Wir können nicht mit Sicherheit sagen, dass die Ordnungsgewalt sich ständig auf die gleiche Weise verhalten wird oder es immer zum “worst case” kommt bzw. dass überhaupt Polizei in der ZAD stationiert ist. Du musst nicht die ganze Zeit mit Kontrollen und Repression rechnen und bis zu einem gewissen Grad hast du auch die Kontrolle, sie zu vermeiden (je nach Orten und Umständen, in denen du dich aufhältst). Dennoch ist es von Vorteil gedanklich auf bestimmte Situationen vorbereitet zu sein, denn der politische Druck wächst und die Repression nimmt zu.

Legal Team (+33 6 75 30 95 45)
Das Legal Team ist vergleichbar mit einem Ermittlungsausschuss und ist ständig zu erreichen (Ansonsten hinterlasst eine Nachricht). Es kümmert sich um die Zentralisierung von Informationen über Verhaftungen und der Organisation von Unterstützung (Leute auf dem Revier abholen, die Verteidigung für die Prozesse organisieren …). Generell sollten die Menschen am Telefon Französisch und Englisch verstehen. Beschreibe Aussehen und Kleidung der Person, Zeit, Ort und Umstände der Festnahme, KEINE NAMEN, keine Informationen über die Vorwürfe. Gib dem Legal Team Bescheid, wenn du oder deine Freund_in wieder frei sind.

Ordnungsgewalt
Police Nationale – Nationalpolizei, zuständig für den städtischen Bereich
Gendarmerie Nationale – Militärpolizei, zuständig für ländliche Gebiete
CRS – Riot Police, Spezialeinheit für Aufstandssituationen
In der ZAD wirst du überwiegend auf Gendarmerie und zum Teil auf die CRS treffen.

Personenkontrollen
In Frankreich ist es nicht Pflicht Ausweispapiere bei sich zu tragen. Wenn du allerdings nicht Französische_r Staatsbürger_in bist, musst du wohl Dokumente haben, die deinen Aufenthalt rechtfertigen (Pass, Perso, Visum etc.). Wenn die Polizei auf der ZAD stationiert ist, sind Personenkontrollen (je nach Umständen) relativ wahrscheinlich. In vielen Fällen kannst du die Stützpunkte über Felder und Wald umgehen, dennoch kann es dazu kommen.
Viele Menschen in der ZAD tragen keine Papiere bei sich und verweigern es ihre Identität heraus zu geben. Die Identität zu verweigern, kann eine erkennungsdienstliche Behandlung (max. 4h auf dem Revier) zur Folge haben.
Dabei können ein Foto und deine Fingerabdrücke verlangt werden. Diese zu verweigern ist ein Delikt (bis zu 3 Monate Haft und 3750€ Strafe). Zum Teil wirst du aber auch innerhalb dieser Zeit, wenn nichts weiter gegen dich vor liegt, wieder frei gelassen, auch wenn deine Personnalien nicht geklärt werden konnten.

Autodurchsuchungen
Ebenso wie Personenkontrollen, sind Autokontrollen möglich, wenn die Ordnungsgewalt auf dem Gelände der ZAD stationiert ist. Die Gendarmerie und die Polizei sind aber nicht befugt Autos “einfach so” zu durchsuchen und nur der/die Fahrer_in ist verpflichtet sich auszuweisen. Falls sie dennoch die Identität anderer Personen fordern und dein Auto durchsuchen wollen, kannst du dies verweigern. Sie benötigen ein extra Papier (“commission rogatoire” – Durchsuchungsbefehl), das ihnen diese Befugnisse überträgt. Verlange es zu sehen. Achte auf das Datum. Die Durchsuchung darf außerdem nur von einem Officier de Police Judiciaire durchgeführt werden. Überprüfe das.
Ansonsten darf dich die Polizei für 30 min aufhalten, um die Erlaubnis zur Durchsuchung ein zu holen. Wenn du in deinem Fahrzeug lebst, brauchen sie eine zusätzliche Genehmigung.

Aktionen (Räumungen etc.)

  • In jedem Fall solltest du dabei haben: Nummer des Legal Teams, des Medic Teams, den Namen eines Anwaltes (die Namen bekannter Anwälte sind Pierre Henri Marteret und Stéphane Vallée), wichtige Medikamente.
  • Achtung vor den Konsequenzen, wenn du folgendes dabei hast: illegale Drogen, Waffen (Schweizer Messer, Cutter), Wurfgeschosse (Glasflaschen, Steine), Adressbuch und Telefonverzeichnis
  • Die Gendarmerie kann Tränengas, Flashballs (Hartgummigeschosse) und Schock-/Blendgranaten (lauter Knall, helles Licht, zur Einschränkung der Orientierung, können in nächster Nähe auch (schwere) äußere Wunden zufügen) einsetzten
  • Es gilt das Bezugsgruppenprinzip. Sei mit Menschen zusammen, die du kennst und die im Falle einer Festnahme das Legal Team anrufen, bzw. im Falle einer Verletzung das Medic Team.

Festnahme

Du wirst Zeuge einer Festnahme
Rufe die Nummer des Legal Teams an +33 6 75 30 95 45. Beschreibe Aussehen und Kleidung der festgenommenen Person, sowie Uhrzeit, Umstände und Ort der Verhaftung. Gib KEINESFALLS Namen und Informationen/Einzelheiten zu dem Delikt an. Du kannst eine Nachricht hinterlassen, wenn niemensch ans Telefon geht.

Du wirst fest genommen
Die Polizei kann dich bei Verdachtsfällen für insgesamt 48h (zwei mal 24h) in Polizeigewahrsam nehmen (garde-a-vue). Dort werden dir deine Rechte und die vorliegenden Vorwürfe mitgeteilt, üblicherweise in Französisch. Wenn du eine andere Sprache benötigst, musst du dies angeben und für den weiteren Verlauf wird dir ein_e Übersetzer_in zur Verfügung gestellt (ob du deine Nationaltät überhaupt angibst, ist natürlich eine strategische Frage). Du hast das Recht eine_n Ärzt_in zu sehen, ein Telefonat (von der Polizei!) führen zu lassen und eine_n Anwält_in zu verlangen. Es gibt dann die Möglichkeit deine_n Anwält_in zunächst allein zu sprechen, dennoch, du bist weder gezwungen ihm/ihr alles zu erzählen, noch ihm/ihr komplett zu vertrauen.  Du wählst deine Verteidigungs-Strategie und deine Verhalten gegenüber der Polizei selbst. Auf dem Revier wirst du dann befragt. Sehr wahrscheinlich wollen sie deine Fingerabdrücke, ein Foto, möglicherweise deine DNA. Dies kannst du verweigern, was jedoch weitere Delikte sind (bis zu 1 Jahr Haft und 15.000€ Strafe). Die Zwischenzeit verbringst du in einer Einzelzelle. Je nach dem, wirst du entweder nach dem Gewahrsam frei gelassen, zu einem späteren Gerichtstermin geladen oder (was sehr üblich ist) in einem Schnellprozess sofort vor Gericht kommen.
Sehr wahrscheinlich wird sich das Legal Team um deine Abholung kümmern.

Mögliche Anklagepunkte

Widerstand und Gewalt (rébellion)
Dieser Anklagepunkt beinhaltet Gewalt gegen Ordnungskräfte, muss aber nicht direkte physische Gewalt bedeuten, sondern kann auch Widersetzen gegen Anordnungen sein. Abstufungen sind:
– Aufruf zu Widerstand (verbal oder schriftlich)- bis zu 7500€
– einfacher Widerstand – bis zu 6 Monate Haft
– Widerstand in einer Gruppe – bis zu 1 Jahr Haft
– Widerstand mit einer Waffe – bis zu 3 Jahren Haft
– Widerstand in einer bewaffneten Gruppe – bs zu 7 Jahren Haft

Beleidigung (outrage)
Jedes Verhalten, das verbal oder schriftlich, durch Gesten, Drohungen etc., die Autorität von Ordnungsgewalt und Staatsbeamten untergräbt oder angreift. Strafe bis zu 6 Monate Haft.

Teilnahme an einer illegalen Demonstration
Demonstrationen müssen angemeldet sein. Der Verstoß dagegen kann mit bis zu 6 Monaten Haft bestraft werden. Die bewaffnete Teilnahme kann bis zu 3 Jahre Haft bedeuten.

Unerlaubte Versammlung (attroupements)
Jede Ansammlung von Menschen auf der Straße oder an einem öffentlichen Ort, die in Augen der Ordnungsgewalt die öffentliche Ordnung stören kann. Wenn die Versammlung sich nicht nach Aufforderung (3-malig) auflöst, kann sie gewaltsam beendet werden. Anklagepunkte hier sind:
– einfache Teilnahme an einer unerlaubten Versammlung – bis zu 3 Jahren Haft
– Teilnahme an einer unerlaubten Versammlung nach der Auffordeurng sich zu entfernen –  bis zu 1 Jahr Haft
– bewaffnete Teilnahme an einer unerlaubten Versammlung nach der Auffordeurng sich zu entfernen – bis zu 5 Jahren Haft
– Initiierung oder Organisation einer unerlaubten Versammlung (verbal oder schriftlich) – bis zu 1 Jahr Haft, aber bis zu 7 Jahre Haft, wenn die Versammlung tatsächlich stattfindet

 

Schnellprozess (comparution immediate)
Sehr häufig wird nach dem Gewahrsam ein Schnellprozess angehängt. Die einzige Vorraussetzung für diese Prozedur ist, dass die mögliche Maximalstrafe für die Vorwürfe mehr als 6 Monate Haft beträgt. Die offensichtlichen Nachteile sind eine kurze Vorbereitungszeit auf die Verteidigung (Suche nach Zeugen etc. nicht möglich) und meist härtere Strafen. Du wirst nach der U-Haft direkt an das Gericht übergeben, bist dort bis zum Prozess weiterhin in Haft und wird durch die Ordnungsgewalt in den Gerichtssaal begleitet. Vor dem Prozess triffst du auf den/die Staatsanwät_in, eine_n Sozialarbeiter_in und deine_n Anwält_in. Überlege dir deine Strategie vor Gericht und sprich sie mit der/dem Anwält_in ab.
Du kannst einen Aufschub beantragen, der vom Gericht bewilligt werden muss. Falls du allerdings keinen festen Wohnsitz und/oder Arbeitsplatz in Frankreich angeben kannst, ist es sehr wahrscheinlich, dass du die Zeit (2 bis 6 Wochen) in Untersuchungshaft verbringen wirst.
Nach einem möglichen Urteil kannst du in Berufung gehen.

Strategien des Widerstandes gegen die Ordnungsewalt
Immer sinnvoll ist es die Arbeit der Polizei zu verlangsamen und sich nicht kooperativ zu zeigen. Die aufgeführten Punkte können aber nur Hinweise sein, am Ende musst du entscheiden, welche Strategie du anwendest und welche Konsequenzen sie hat. Aber je mehr bestimmte Strategien kollektiv angewendet werden, um so effizienter sind sie. Je länger und lästiger die Prozedur für die Beamt_innen wird, desdo wahrscheinlicher ist es, dass sie aufgeben.

Bei Kontrollen/Festnahmen:

  • Du kannst dich entscheiden keine Ausweisdokumente bei dir zu tragen (Folge kann erkennungsdienstliche Behandlung sein, siehe oben bei Personenkontrolle).
  • Manche Menschen machen überhaupt keine Angaben und verweigern die Angabe ihrer Nationalität und Personalien.
  • Andere geben nur ein Minimum von Informationen an (Namen, Vornamen, Geburtsort und -datum).
  • Erprobt ist auch die Methode der erfundenen Personalien. Dies ist nur ein geringes Delikt und wird in der Regel nicht nach verfolgt (aber KEINESFALLS die Annahme existierender Personalien, das führt zu großen rechtlichen Problemen). Du brauchst einen neuen Namen, Geburtsort und -datum und Namen der Eltern.

Während der Befragung:

  • Nichts zu sagen ist dein Recht. Du kannst sagen “je n’ai rien a declarer!” (Ich verweigere die Aussage) – nicht aber “je ne sais rien” (ich weiss nichts), was eine Aussage ist.
  • Gib auf keinen Fall Informationen über andere (verhaftete) Personen. Dies verbessert deine Situation in keinem Fall, auch wenn die Beamten das behaupten.
  • Du kannst die Unterschrift der Dokumente, welche die Beamten dir präsentieren (Befragungsprotokoll, Bestätigung deiner Entlassung aus dem Gewahrsam,…) verweigern. Du kannst auch unter das Dokument schreiben, warum du nicht unterschreibst.
  • Du kannst die Aufnahme von Fotos, die Abnahme von Fingerabdrücken und Entnahme von DNA verweigern. Dies sind Delikte, die theoretisch mit Haft- und/oder Geldstrafe bestraft werden können. Es zu verweigern unterstreicht jedoch eine politische Position.